Modernität durch hermetisches Denken. Alchemie und Ökonomie bei Johann Joachim Becher. In: Artes et scientiae. Die Vermittlung alten und neuen Wissens in Literatur, Kunst und Musik. Hg. von Barbara Mahlmann-Bauer. 2 Bde. Wiesbaden 2004 (Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung 38), Bd. 2, 717–732.
Beipielfall für eine Strukturhomologie zwischen zwei Disziplinen im 17. Jahrhundert: Wirtschaftswissenschaften und Alchemie. Geblickt wird auf die Arbeiten von Johann Joachim Becher (1635–82). Das Verhältnis von Ökonomie und Alchemie, bei Bechers Vorgängern ein Verhältnis der Teilhabe an einer gemeinsamen Empirie, ist in seinem Entwurf einer ganzheitlichen Wirtschaftstheorie zu einem Verhältnis struktureller Homologie geworden. Wertschöpfung (Becher: ‚Nahrhaftigkeit‘) erscheint als Ergebnis eines geordneten Zusammenwirkens der drei Stände Bauern (und Bergleute), Handwerker mit Manufakturwesen, schließlich Kaufleute sowie Verleger. Diese drei wirtschaftenden Stände zeigen einen Zug, der allen triadischen Konfigurationen bei Becher zukommt, etwa den drei Reichen oder auch den drei Elementen: Sie dürfen nicht untereinander vermischt werden. Die Materien der Naturreiche und die Stände der Gesellschaft sind nicht nur in konsequenter Scheidung, sondern zudem in bestimmten Proportionen und Hierarchien gegeben oder zu halten. Wie z.B. das Reich der unterirdischen Mineralien in der Chemie das umfänglichste und wichtigste sei, so in der Ökonomie der Bauernstand. In Bechers ganzheitlichem Denken steht der prozessuale Aspekt im Mittelpunkt: Über die Konsumtion der erzeugten, bearbeiteten und verhandelten Güter kommt es zur verstärkten Ankurbelung der Produktion und des Verbrauchs, der Geldumlauf beschleunigt sich, Fremde kommen ins Land, so dass sich ein permanenter Prozess der Vermehrung der ‚Civil-Societät‘ ergibt.