Liebe und Ehe im deutschen Roman um 1730

Liebe und Ehe im deutschen Roman um 1730. In: Das Werk Johann Gottfried Schnabels und die Romane und Diskurse des frühen achtzehnten Jahrhunderts. Hg. von Günter Dammann und Dirk Sangmeister. Tübingen 2004 (Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung 25), 35–90.

Korpus aus zehn Romanen (zur einen Hälfte Nachläufer des höfisch-historischen Romans, zur anderen Vertreter des zeitgenössischen Wirklichkeitsromans). Die Liebeskonzeption im Nachläufer des hohen Romans steht letztlich immer noch in einer Tradition, die ihre entscheidende Richtung mit dem Neuplatonismus der Renaissance erhalten hat. Die Konstitution einer erotischen Beziehung vollzieht sich daher in vielen Fällen als wechselseitige Liebe auf den ersten Blick. Die Liebeshandlungen gehorchen in mehrfacher Hinsicht noch dem Prinzip der Systemhaftigkeit, wenngleich dieser Zug gegenüber dem 17. Jahrhundert mittlerweile zu schwinden beginnt. Die Konstituierung fürstlicher Paare steht nicht mehr für den Weg zu einer neuen Weltordnung. Der zeitgenössische Wirklichkeitsroman wählt seine Figuren durchweg aus dem niederen Adel. Zu diesem Teil des Korpus gehören zwei anonyme Ehestandsromane, in denen die Geschichten eines Mannes bzw. einer Frau und deren zehn- bzw. siebenmal „Ubelgerathene“ Eheschließungen in belehrender Absicht Thema sind; hier zeigt sich auch ein Rückgriff auf die zeitgenössische Liebesethik von Christian Thomasius. Einen Erziehungsweg zu vernünftiger und zugleich ein Modell ‚galanter‘ Liebe stellen die „Begebenheiten Alexanders Freyherrn von Bernstein“ (1727) dar.